“Der Norseman 2018 ist zwar Geschichte aber auch Tage danach immer noch sehr präsent. Ähnlich wie schon in der Woche vor dem Rennen nur eben mit weniger Anspannung, dafür nun aber mit den zu verdauenden Erlebnissen (stets im Positiven natürlich). “It’s just a race” habe ich mir in den Tagen und Wochen davor immer wieder klargemacht, in der Hoffnung, dass ich hier nicht zu überheblich bin. Immerhin, ich wusste, dass ich gut vorbereitet bin. Was den Norseman so “extreme” macht ist neben den Höhenmetern das Wetter. Der Wettergott war dieses Jahr sehr gnädig, die Höhenmeter sind geblieben 🙂 Extrem bleibt dafür die Landschaft – extrem schön und einzigartig. Nach der Streckenbesichtigung mit Sarah und Papa in den Tagen davor wurde die Marschroute festgelegt: “Respektvoll zuversichtlich” ins Rennen gehen, sich immer wieder klarmachen, dass es ein Privileg ist, daran teilzunehmen (4417 Bewerber auf 250 Startplätze) und am Ende stark finishen – natürlich ganz oben! Der Sprung von der Fähre, vor dem Startschuss rückenschwimmend, den Blick zurück auf die Szenerie und das erste Mal wirklich bewusst wahrnehmen, was gerade passiert. Unfassbar, der Moment den ich das erste Mal vor 6 Jahren in einem der bekannten Videos gesehen habe, wird wahr – ein Freudenruf hallt durch den Fjord 😀 Das Schiffshorn bläst, der Norseman 2018 ist auf dem Weg. Für mich endete dieser Weg nach reichlich 14 Stunden zusammen mit meiner Supportcrew auf dem Gaustatoppen (“ganz oben”) im absoluten Glück 😉 Teaser Ende…ein ausführlicher Bericht folgt…jetzt wird weiter Norwegen “geguckt”.” – 14. August 2018
Es sind reichlich 8 Wochen vergangen seit dem Norseman Xtreme Triathlon 2018. Es ist mittlerweile Oktober, die Tage werden kälter und nasser. Perfekt um einen (ausführlichen) Bericht zu schreiben 🙂 Also spulen wir zurück auf Anfang. Nein halt – wer oder was ist eigentlich dieser Norseman?! Der Norseman findet jährlich in Norwegen statt und gilt als das härteste Langdistanzrennen der Welt. Alles beginnt um 4:00 Uhr morgens, wenn die Fähre den Hafen von Eidfjord verlässt, um die 250 Wagemutigen aufs Fjord hinauszufahren. Dann heißt es endlich „Jump!“. Dieses Bild wie die Athleten im Morgengrauen von der Fähre springen löst in mir immer ein Gefühl von Gänsehaut und Ehrfurcht aus. Vom eindrucksvollen Hardangerfjord führt das Rennen nach 3,8 Kilometern Schwimmen (dank Gletscherwasser im Schnitt <= 15 Grad Wassertemperatur) sofort steil an den Bergwänden hinauf auf die Hardangervidda Hochebene, einer der besonderen Landschaftsattraktionen Skandinaviens. Die 180km lange Radstrecke schlängelt sich über Geilo in die norwegische Bauernprovinz Telemark nach Austbygdi. Insgesamt gilt es dabei 3000 Höhenmeter zu überwinden. Das Rennen endet nach einem Marathon auf dem Gipfel des schroffen Gaustatoppen über der Kleinstadt Rjukan, 1.850 Meter über dem Meer. Aber nicht nur die Streckenverhältnisse sind mit Ehrfurcht zu betrachten, vor allem die oft unsicheren Wetterverhältnisse lassen den Norseman zu einem Kampf gegen die norwegische Natur werden. Und auch das Finisherlimit am Gaustatoppen von nur 160 Sportlern verleiht diesem Wettkampf ein besonderes Flair. Den der letzte Cut-off bei Laufkilometer 32 ist legendär. Von den 250 ausgewählten Startern dürfen diesen nur die ersten 160 passieren und somit ins Ziel auf dem Gaustatoppen einlaufen und sich ihr schwarzes Finisher-Shirt verdienen. Der Rest erhält „nur“ ein weißes Shirt und finisht am Bergfuß. Das Ganze funktioniert natürlich nicht alleine sondern nur als Team. Der Veranstalter stellt zudem keine Verpflegung während des Wettkampfs sodass alles selbst zu organisieren ist. Auch die letzten Kilometer auf den Gaustatoppen darf man nicht alleine zurücklegen sondern nur in Begleitung. Meine geliebte Sarah und mein Papa sollten mich auf der Reise unterstützen.
Nun aber….zurück auf Anfang.
Es ist der 11.11.2017 und ich sitze zusammen mit alten Freunden in Cottbus beim Abendessen. Wir unterhalten uns über Norwegen. Wir unterhalten uns über den Norseman. Wir unterhalten uns darüber ob sie, sofern ich den überhaupt einen der begehrten Slot bekomme, mich in Norwegen anfeuern kommen. Rein hypothetisch also. Was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste, ich hatte den Slot bereits sicher 🙂 Als ich mich nämlich wenig später auf dem Weg zum Zug Richtung Berlin machte und nach einiger Zeit das erste Mal wieder auf das Handy schaute war sie da, die Email die mein Leben für die nächsten 9 Monate maßgeblich beeinflusste.
Ich erinnere mich an gemischte Gefühle, war ich mir doch schon bei der eigentlichen Registrierung nicht sicher ob ich den Norseman (jetzt schon) machen will. Neben der Challenge Roth war dieser Wettkampf eins meiner großen Ziele und Träume seit ich vor sechs Jahren von der Couch gekommen bin. Schon damals, ursprünglich inspiriert durch einen Vortrag von Annett Finger, war ich von dem Norseman wahnsinnig fasziniert. Der Sprung von der Fähre in eiskaltes Wasser zum Start und ein Finish auf einem 1800m hohen Berg (bei unberechenbaren Wetter) Stunden später hat mich in den Bann gezogen. Jedes Jahr aufs Neue mit den jährlichen Veröffentlichungen der Racevideos wurde ich mehr und mehr angefixt. An dieser Stelle sei erwähnt, dass ich bereits 2015 einen der begehrten Slots für 2016 ergattert (und nicht angenommen) hatte. Das Anmeldeprozedere ist simpel. Circa (damals “nur”) 3500 Athleten und man selbst registriert sich und gibt somit ein Los in den Topf. Dafür hat jeder zwei Wochen Zeit bis die Anmeldung geschlossen wird. Danach werden wieder 250 Lose aus dem Topf gefischt. Wird man dann gezogen, super! Wenn nicht erhält man im Jahr darauf die doppelte Chance.. Das geht dann Jahr für Jahr so weiter. Je länger man es also probiert, desto höher die Chance mit jedem weiteren Jahr gezogen zu werden. Ich hatte mir damals im Vorfeld zugegebenermaßen gar keine Gedanken gemacht ob ich mich anmelden soll oder nicht – ich werde ja eh nicht gezogen. Eigentlich wollte ich clever sein und dann ein Jahr später (2017), nach dem bereits geplanten Roth-Finish 2016, bessere Chancen haben 😉 Wer konnte ahnen das ich wirklich für 2016 den Slot bekomme und diesen dann ausschlagen musste. Wie das Schicksal so spielt musste ich Roth dann leider verletzungsbedingt auf 2017 verschieben. Also Stand ich im Oktober letzten Jahres wieder vor der selben Frage. Soll ich mein Glück probieren und an der Lotterie teilnehmen? Was ist wenn ich wieder gezogen werde? Soll ich ein Jahr nach Roth direkt das nächste große Ziel in Angriff nehmen? Will ich nicht erstmal auf der Langdistanz weiter Erfahrung sammeln und vielleicht sogar am Tempo arbeiten? Und was kommt danach, was fasziniert mich noch, was kann das toppen? Ist der Norseman nicht eher ein Wettkampf “mit dem man den Sport verlässt”? Dieses “once in a lifetime” Event – grade auch mit Blick auf die geringe Chance überhaupt zu starten? Ich hatte lange überlegt und wollte mich schlussendlich nicht anmelden. Gott weiß warum, aber ich glaube am letzten oder vorletzen Tag der Anmeldeperiode habe ich es dann doch getan 🙂
So stand ich dann also in Cottbus und war mir wieder unsicher. War ich doch bis dahin wieder fest davon ausgegangen, dass es ja eh nichts wird. Nun hatte ich den Salat und musste mich innerhalb von neun Tagen zurückmelden ob ich den Slot annehme. Ich weiß noch wie heute als Sarah mir, noch während ich im Zug saß, Ausschnitte des Athlete Guides vorlas und sich damals bereits überlegte wie sie mich vor Ort supporten kann. Oh wie ich diese Frau liebe! Kaum zu glauben, aber sie war damals mehr begeistert von der Zusage als ich 🙂 Ich glaube mein Papa war es, der am Ende die richtigen Worte fand: “Einfach machen, Chancen ergreifen!”. Und er hat Recht, wer weiß wann und ob ich den wieder einen Slot bekommen würde. Bekanntlich sind aller guter Dinge ja drei, aber wer kann schon sagen ob dann die Rahmenbedingungen wie Familie oder Job überhaupt noch passen und so ein Projekt ermöglichen.
Zwei Tage später habe ich das Geld überwiesen und war damit fest gesetzt für den Norseman 2018 🙂
Vergangenen Samstag ging es zum traditionellen Stelldichein und Saisonauftakt der Berliner Triathleten beim SISU-Winterduathlon zur Sache. Nach zwei Jahren Abstinenz freute ich mich besonders auf diesen Wettkampf da er mit seinen 5,5km Laufen, gefolgt von 20km MTB und den abschließenden 3km Laufen immer ein erster Härtetest ist. Mitten im Winter weiß man ja nie was einen erwartet. Schnee und Matsch blieben dieses Jahr aus sodass bei Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt und bei besten Sonnenschein schnelle Zeiten zu erwarten waren. Generell ist der Sisu-Winterduathlon technisch nicht sehr schwierig, auch Crosser sind erlaubt. Ein Großteil der Strecke geht es über die “Waldautobahn”. Vereinzelt geht es durch Sand und von Forstarbeiten zerfurchte Wege. Für die entsprechende Laktatdusche sorgt der sogenannte “Panzerberg”, eine langgezogene und sehr steile Rampe welche es in der ersten Laufrunde und in jeder der vier Radrunden zu überwinden gilt. Der letzte Lauf ist dann lediglich eine flache Wendepunktstrecke.
Ich bestritt den Wettkampf aus vollen Training heraus. Er sollte quasi den Abschluss meiner 10 wöchigen PREP-Phase bilden. Ich habe es, trotz der Trainingsbelastung, geschafft frisch und motiviert am Start zu stehen was immer ein gutes Zeichen ist. Die beiden Laufsplits beendete ich absolut zufriedenstellend (21min:45s und 12min:46s) mit einem reichlichen 4er Schnitt. Leider wurden die Laufstrecken seit meiner letzten Teilnahme 2015 in ihrer Beschaffenheit verändert (bei gleicher Länge natürlich) sodass ich keine direkte Vergleichsmöglichkeit habe. Jedoch konnte ich auf dem Rad reichlich 5 Minuten gut machen und beendete diesen Split sehr erfreut nach 50min:41s. Insgesamt benötigte ich mit allen Wechseln 1h:28min:19s und beendete den Wettkampf als Alterklassen 3. und 28. Gesamtplatz (von 92 Startern) zufrieden und absolut im Soll 🙂
Challenge Roth 2017 – es ist getan! Puh, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll?! Ganz ehrlich! Es war ein absolut geiler Tag und ein nahezu perfektes Rennen. Punkt 🙂
Die Challenge in Roth (bei Nürnberg) ist eine der größten Triathlonveranstaltungen der Welt und lockt seit Jahren mehrere tausende Starter an. Dieses Jahr alleine 3400 Einzelstarter und 600 Staffeln. Dazu kommen 260.000 Zuschauer und 6000 Helfer. Ein absolutes Großereignis bei der die ganze Region auf den Beinen (im Ausnahmezustand) ist. Das Rennen wird aufgrund der super Organisation und der bombastischen Atmosphäre seit Jahren zum “Rennen des Jahres” gekürt. „Triathlon in Roth ist wie Tennis in Wimbledon” titelte die Frankfurter Allgemeine einst. Es gibt mehr als 17 Hot-Spots (“Stimmungsnester”) entlang der Strecke. Zu den absoluten Highlights zählen der morgendliche Schwimmstart am Main-Donau-Kanal, der Solarer Berg in Hilpoltstein und natürlich der Zieleinlauf im extra errichteten Triathlon-Stadion. Ein Muss für jeden Triathleten auf der Langdistanz: 3,8km Schwimmen im Kanal, 180km Radfahren im südlichen Landkreis von Roth und ein abschließender Marathonlauf über 42,2km in und um Roth. Für mich endete das Rennen nach einer Gesamtzeit von 10 Stunden, 32 Minuten und 42 Sekunden im absoluten Glück 🙂 Ich weiß, dass es vermutlich für die wenigsten nachvollziehbar ist, aber ich gebe gerne zu, dass mir, während ich die folgenden Zeilen geschrieben und noch einmal alles Revue habe passieren lassen, öfters die Tränen gekommen sind.
Ich sortiere immer noch meine Gedanken, erzähle die Geschichten aus dem und rund um das Rennen (die Anteilnahme war und ist schier unfassbar) und werde auch immer noch von spontanen Gefühlsausbrüchen (der positiven Art :D) überrascht. Auch nach drei, vier Wochen ist “Roth” noch so präsent wie schon lange nicht mehr. 5 Jahre war ich auf dem Weg und ich habe es tatsächlich bis ins Ziel geschafft. Ich habe zu Hause ein Poster, auf dem steht: “Du musst dein Ändern leben”. Genau darum ging es damals für mich. Ich wollte (ich musste) etwas in meinem Leben ändern. In der Kurzfassung bin ich die Couchpotato, welche zum Ironman wurde. Der Klassiker eben. Die Idee: Sport treiben, aktiv sein und abnehmen. Kurze Zeit später änderte sich meine Zielsetzung. Einfach nur “Sport treiben” reichte mir nicht mehr. Ich brauchte eine größere Herausforderung, ich wollte mir etwas beweisen. In den letzten Jahren habe ich unzählige Lauf- und Triathlonwettkämpfe bestritten immer mit dem Ziel im Hinterkopf, Roth zu finishen. Für mich war dieses großes (End-)Ziel unheimlich wichtig. Ohne wäre ich vermutlich öfters wieder in die falsche Richtung abgebogen. Jedoch rückten mit der Zeit, der Erfahrung und dem Training eher Platzierungen und Zielzeiten in den Vordergrund. Das ist auch ganz normal und gar nicht schlimm. Wer sich ändern will, muss seine Komfortzone verlassen, muss an seine Grenzen gehen. Immer und immer wieder. Zumal sprechen wir hier von sportlichen Wettkämpfen – naturgemäß vergleichbar und gnadenlos ehrlich dank Stoppuhr.
In den Tagen vor dem Wettkampf habe ich mir immer wieder klar gemacht, warum ich in Roth die 226 km schwimmend, Rad fahrend und laufend zurücklegen werde. Warum ich mich auf den Weg gemacht habe, warum ich diesen Sport betreibe. Weil ich es liebe. Weil es mich erfüllt und berührt. Weil ich es lebe. Der Weg ist das Ziel, so heißt es oft, in diesem Fall kann kein Spruch treffender sein. Fünf Jahre sind eine lange Zeit und es war wichtig mir klar zu machen, wie ich einmal angefangen und was ich seitdem – nicht nur sportlich – erreicht habe.
Sich noch einmal auf die “Basics” zu besinnen hat mir geholfen, die eigentliche Zielsetzung für das Rennen zu definieren. Die Frage nach der Zielzeit stellte sich für mich immer weniger. Ursprünglich wollte ich in 10 Stunden 30 Minuten den Zielstrich zu erreichen. Es war schwierig alle zeitlichen Ambitionen aus dem Kopf zu verbannen, gerade weil man Monate auf diese gewisse Zeit hintrainiert hat (und auch muss um überhaupt ein adäquates Training zu steuern). In den Tagen davor habe ich, zur totalen Verwunderung meiner mitgereisten Freunde, sogar den Begriff “Spaß” in den Mund genommen. Habe ich doch sonst immer das Gegenteil propagiert. “Spaß?! Florian?! Wirklich?!”. Ja, wirklich! 🙂 Sich auf so einer langen Distanz, grade als Rookie, nicht mit irgendwelchen Zielzeiten verrückt zu machen, hat natürlich auch den rationalen Grund, dass man Gefahr läuft sich auf dem Rad abzuschießen und dabei vergisst, dass die zweite Wechselzone nicht das Ziel ist. Auf der Langdistanz braucht man eine starke Radform, darf diese aber nur bedingt auspacken. Der abschließende Marathon würde ansonsten eher einem Wandertag ähneln. Hinzu kommt, dass die Vorbereitung nahezu perfekt lief. Bis auf vier Schlüsseleinheiten, welche ich aufgrund drohendem Übertrainings entweder gestrichen oder eingekürzt habe und einer verschnupften Woche im Februar konnte ich meinen Trainingsplan abspulen.
Die hohe Kontinuität – meiner Meinung nach der wichtigste Eckpfeiler strukturierten Trainings – mit der ich letztlich trainiert habe, wird erst deutlich wenn man sich vor Augen führt, dass ich seit Dezember, mit Beginn der Vorbereitung, 370 Stunden umsetzen konnte (weit mehr als 100 Schlüsseleinheiten). Ein Fakt auf den ich stolz bin, immerhin bin ich gesund (geblieben) und stehe nicht als komplett psychisch und physisch ausgenudeltes Wrack an der Startlinie. Gerade in der Langdistanzvorbereitung mit den hohen Trainingsumfängen ist das viel wert. Die Arbeit war also getan, warum dann nicht einfach mal genießen?! 🙂 Immerhin hat es sich, gerade in letzten Wochen, täglich auf irgendeine Art und Weise um das Projekt “Roth” gedreht. Schlussendlich habe ich mir drei Ziele gesetzt: Spaß haben, ein angenehmes Tempo halten und stark finishen (also nicht gehen!). So also mein Mantra in den letzten Tagen der Vorbereitung.
Als der “längste Tag im Jahr” endlich da war, könnte man meinen Zustand als angespannt ausgelassen bezeichnen 😀 Um kurz vor 5 ging es zum Schwimmstart an den Main-Donau-Kanal. Die Stimmung und die Szenerie dort lässt sich nicht in Worte fassen, man muss es selbst erlebt haben. Als ich vor zwei Jahren dort das erste Mal als Zuschauer war, hat es mich total überwältigt. Wenn um 6.30 Uhr die erste Startgruppe, bei aufgehender Sonne und theatralischer Independence Day Musik, unter dem tosenden Applaus tausender Zuschauer das Wasser zum Kochen bringt bleibt kein Auge trocken.
Dafür, dass ich mir meinen eigenen Start und die Momente direkt davor eigentlich immer viel emotionaler vorgestellt habe, habe ich mich insgesamt überraschend ruhig und fokussiert in der Wechselzone vorbereitet (sicher, meine 5 Minuten hatte ich trotzdem :D). Mit etwas Abstand wird mir auch klar, dass ich da bereits total im Tunnel war. Man hat zwar alles irgendwie mitbekommen, aber die Zeit verging wie im Flug und es war wie in einem Film. Nachdem alles am Rad erledigt und der obligatorische Dixi-Besuch ebenfalls von Erfolg gekrönt war, ging es samt Neo in den Vorstartbereich. Nach einem prüfenden Blick, ob auf der anderen Kanalseite die Liebsten auszumachen sind (natürlich nicht, bei der Menge an Zuschauern) gefolgt von zwei Minuten alibimäßigen Einschwimmen, ertönte mit einem Kanonenschlag endlich mein Startschuss für die kommenden 3,8 km zu Wasser. Dem Plan folgend habe ich mich bewusst zurückgenommen, den Vorteil des Kanals genutzt und mich immer nah zum Ufer hin orientiert. Schwimmen ist in Roth so oder so sehr simpel. Einmal den Kanal hoch, wieder runter, noch einmal am Start vorbei und mit einem kleinen Schlenker zum Ziel. Ich habe mich von Anfang gut gefühlt und habe ein forderndes aber noch entspanntes Tempo finden können. Normalerweise verliere ich beim Schwimmen schnell den Fokus und muss mich immer sehr konzentrieren, um nicht gedanklich abzudriften oder mich schon auf dem Rad zu sehen. Heute war es anders. Es wurde nicht zäh und ich habe mich auch nicht ständig gefragt, wie weit es noch ist. Die Wendeboje kam schneller als gedacht und zack war ich bereits auf den letzten 1000 Metern.
Auf diesen Moment habe ich mich besonders gefreut, da ich dort meine Freunde und Familie vermutete (und sie diesmal auch sah). “Daumen hoch” und mit besonders schöner Technik weiter bis ich aus dem ihrem Sichtfeld war. Die letzten 400 m habe ich nochmal etwas Gas gegeben, das Ziel war nah. Ich bin erstaunlich gut – gefasst und nicht torkelnd – aus dem Wasser gekommen und konnte einen schnellen Wechsel hinlegen. Ich hatte beim Schwimmen absichtlich keine Uhr dabei, weil ich mich nicht unnötig verrückt machen wollte, falls ich ein paar Minuten langsamer als geplant unterwegs gewesen wäre. Warum auch, der Tag ist noch lang und die Schwimmzeit hat den geringsten Anteil an der Gesamtzeit. Zumal ging es heute ja eh nicht um die Zeit 😉 Da ich mich aber gut gefühlt habe, musste ich einfach einen Blick riskieren. Das Gefühl sollte mich nicht enttäuschen, nach 1h 12m war ich aus dem Wasser. Für meine Verhältnisse eine gute Zeit und drei Minuten schneller als geplant. Top! Zumal ich rückblickend sagen kann, dass es mir selten so gut ging beim Schwimmen. So konnte es weitergehen…
Nach nur reichlich zwei Minuten Wechselzeit saß ich auf dem Hobel. Nun sollte es endlich losgehen mit meiner Paradedisziplin. Noch euphorisiert vom Schwimmen, dem Gefühl, dass es heute ein geiler Tag wird und den Anfeuerungen meiner Freunde direkt zu Beginn der Radstrecke musste ich mich sehr bremsen. In der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung habe ich in vielen Einheiten mein mögliches Tempo (Puls) definiert und “eingeschliffen”. Dieses galt es nun auf den 180 km umzusetzen (zwei Runden á 90 km). Mit ca. 1300 Höhenmetern ist die Strecke zwar nicht bergig, aber durchaus profiliert. Viele Wellen und zwei Berge in Greding (Kalvarienberg) und Hilpoltstein (Solarer Berg) machen den Radpart anspruchsvoller als man vermuten würde. Ich habe mich im Vorfeld mit der Strecke beschäftigt und mir bewusst gemacht, dass ich hier nicht in üblicher Manier über die Hügel drücken kann (wie gesagt, sonst wandert man am Ende). Stattdessen wurde jedesmal das kleinste Kettenblatt bedient und schön durch alle Gänge geschalten: “Lass die anderen mal ziehen, auf der Kuppe hast du sie eh wieder!” Zumal ist die Challenge Roth als Triathlon-Mekka für seine Stimmungsnester mit Bühnen, fetziger Musik und unzähligen Zuschauen überall an der Strecke (und gerade an den Hügeln) bekannt. Ich wollte Spaß haben und mit den Leuten Party machen.
Gesagt, getan. Gelacht und gesungen – was soll man auch anderes tun wenn die Lautsprecherboxen einen mit “Girls Just Want To Have Fun” aus vollem Rohr beschallen? Es gibt nichts Geileres als auf dem Rad zu sitzen, gute Beine zu haben und förmlich durch die Landschaft zu fliegen 🙂 Das ein oder andere Mal gab es auch auch vor Freude Pippi in den Augen – nicht zuletzt als mich mein Alter Herr den Kalvarienberg hochpeitschte. Als ich in der ersten Radrunde das Ortseingangsschild “Hilpoltstein” sah, wusste ich das es nur noch wenige Meter bis zum Solarer Berg sind. Der Berg, den jeder Triathlet kennt. Der Berg, von dem ich schon 5 Jahre träume und die Bilder im Kopf habe. Nun sollte es endlich wahr werden, einfach unfassbar. Schon als ich um die letzte Kurve bog und das Spalier Menschen sah, welches sich wie bei der Tour de France postiert hatte, musste ich laut lachen. Einfach so, immer wieder. Es ging nicht anders 🙂 Was ich in dem Moment genau gefühlt habe, kann ich nicht mehr sagen, alles verging viel zu schnell. Zuviel Euphorie, zuviel Adrenalin und zu sehr im Tunnel. Ein Zustand der noch bis zum Zielstrich anhalten sollte. Die Fahrt hinauf zwischen all den Zuschauern auf engsten Raum und in Einerreihe mit all den anderen Sportlern, war absolut surreal und kaum in Worte zu fassen.
Eine extreme Geräuschkulisse mit unzähligen Gesichtern, welche einen aus allen Richtungen und aus vollem Hals anschreien. Dazu noch überall Klatschpappen, welche einen nur ein, zwei Meter sehen lassen und ein Puls jenseits von Gut und Böse. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich vermutet ich wäre auf einem LSD-Trip. Den Solarer Berg zu erklimmen, erforderte volle Konzentration und um ehrlich zu sein hatte ich auch etwas Angst ungewollte Bekanntschaft mit einen der Zuschauer (oder seiner Klatschpappen) zu machen. Nichts mehr mit bewusst lockerem Fahren am Hügel 😀 Die Zuschauermenge wurde zum “Gipfel” (eher Kuppe) hin immer weniger und als hätte ich es geahnt, wurde ich wieder durch meine Freunde tosend empfangen. Das ganze Programm. Luftballons, Plakate, begeisterndes nebenher rennen und viel Party. Mir ging es einfach total gut in dem Moment und um das Motto noch einmal zu unterstreichen fragte (schrie) ich laut in die Runde, ob auch sie Spaß haben, ob es ihnen gut gehe!? Es sah ganz danach aus 🙂
Bald war die 90 km Marke erreicht. Halbzeit und mit 2h42m Fahrzeit (reichlich 33km/h) bisher auch top im Zeitplan. Kopf nach unten und weiter geht’s. In der zweiten Runde merkte ich zwar, dass man schon ein paar Kilometer auf dem Hobel saß, aber große Verspannungen oder übermäßige Gefühlsschwankungen bzw. anfängliche Erschöpfungszustände blieben aus. Nun hieß es die Konzentration und das Pacing aufrechtzuerhalten. Ich hatte das richtige Anfangstempo gewählt und konnte auch weiter gut Boden machen. Auch die Ernährungsstrategie ging wunderbar auf. Ich habe im Training immer wieder getestet, wie viel ich (bei Wettkampfintensität) zu mir nehmen kann und mich akribisch daran gehalten und in entsprechenden Abständen getrunken (ich habe mich rein flüssig ernährt). Sind wir in der ersten Runde noch knapp einer Gewitterfront entkommen (Ui, war das ein krasses Bild!), wurde es nun gegen Mittag doch zunehmends heißer. Ich selbst habe das leider gar nicht so mitbekommen, sonst hätte ich insgesamt mehr Wasser an den Verpflegungspunkten aufgenommen (Natrium hatte ich separat dabei). Eigentlich habe ich das erst realisiert, als Stefan mir beim erneuten Passieren des Solarer Bergs zurief, dass es heiß geworden ist und ich mehr trinken solle. Zu spät, den als ich den Solarer Berg passierte, musste ich an einem der besagten Verpflegungspunkte einer heruntergefallenen Flasche ausweichen, bin aus dem Tritt gekommen und habe im linken Oberschenkel gekrampft. Ups, gar nicht gut! Glück im Unglück, denn das hat mich wachgerüttelt. Ich habe es zwar nochmal probiert mit etwas Druck auf den Pedalen, aber ich hätte sofort wieder gekrampft. Ab dem Moment konnte (durfte) ich nicht mehr auf Zug fahren. Aus Erfahrung wusste ich, was sonst beim Laufen passieren würde. Das endet dann unter Umständen mit beiden Beinen krampfend am Streckenrand irgendwo im Gebüsch. Auch nicht schön. Bei kürzeren Distanzen kann man ja noch etwas pokern, aber nicht wenn ein Marathon folgt. Die letzten knapp 15 km habe ich dann Tempo rausgenommen, probiert möglichst viel zu rollen und einfach nur gehofft. Zumal ich seit diesem Zeitpunkt auch komplett auf dem Trockenen saß, da ich mich an der letzten Verpflegungstation, aufgrund des Ausweichmanövers, nicht ausreichend eingedeckt hatte. Nach 5h:23m und insgesamt knapp 180 km erreichte ich in Roth die zweite Wechselzone. Zeitlich absolut im Rahmen, fast auf die Minute genau (ich wollte 5h:30m auf 180km fahren; also 33km/h). Trotz der Probleme auf den letzten Kilometern war es ein fantastisches Rennen. Ich weiß gar nicht, wo die Zeit geblieben ist. Die reichlich 5 Stunden fühlten sich eher wie ein, zwei Stündchen an. So viele Eindrücke und Emotionen. Hochzufrieden und immer noch mit einem Lachen auf dem Gesicht wechselte ich in die Laufschuhe.
Der Wechsel gelang problemlos und recht zügig. Zugegeben, wenn man nur noch die Schuhe und die Kappe anziehen muss, während einer der vielen Helfer einen mit Sonnencreme eincremt und die Wechselbeutel managed (Laufsachen raus, Radsachen rein) ist das schon eine feine Sache. Mit tausend Dank verließ ich das Wechselzelt und schüttete mir erstmal fünf Becher Wasser in den Hals. Es war zugegeben nicht die beste Idee, aber ich war verdammt durstig. Triathlon beginnt bekanntlich erst beim Laufen. Jetzt sollte sich zeigen ob das Training und das bisherige Pacing hingehauen hatten. Let’s see how it goes?! 🙂
Erstmals in der langen Geschichte des Rennens in Roth wurde der Laufkurs geändert. Eine neue Zwei-Runden-Strecke verbindet in einem Wendepunkt-Kurs die Lände (Schiffslandeplatz am Main-Donau-Kanal) östlich von Roth mit der Innenstadt und dem nord-westlich gelegenen Büchenbach. Start und Ziel ist direkt in Roth, wobei letzteres dann in einem eigens errichteten Stadion ist. Die Zuschauer haben also die Möglichkeit, die Athleten viermal zu sehen. Mein Ziel war es den Marathon einfach im lockeren “Jogging”-Tempo durchzulaufen. Sprich irgendwo in Richtung 3h 45min zu landen (also 5:20min/km). Natürlich bin ich die ersten zwei, drei Kilometer zu schnell angegangen, konnte mich aber noch rechtzeitig bremsen. Nicht zuletzt weil die Beine bei dem schnelleren Tempo schon wieder zugemachten (krampften). An der Lände angekommen, wurde ich auch schon wieder von meinen Freunden schreiend begrüßt 🙂
Leider war das auch der Zeitpunkt als ich das erste Mal das stille Örtchen aufsuchen musste. Ich hatte schon in den beiden Tagen davor mit Dünnpfiff zu kämpfen und bin mir bis heute nicht 100% sicher, woran es lag. Da ein heißer Renntag vorausgesagt wurde, habe ich jedoch in den 48 Stunden vorher zusätzlich Natrium (Schwedentabletten) aufgenommen. Ein typischer Anfängerfehler und ich hätte es besser wissen müssen. Kurz vor oder im Rennen werden keine neuen Sachen probiert oder Experimente gewagt. Nun ja, es lässt sich nicht mehr ändern. Think positiv: Immerhin hatte ich ein Dixi erspäht, welches etwas abseits, vermutlich nur für Zuschauer gedacht war und deshalb sogar benutzbar war. Und jeder der schon bei größeren Stadtläufen, Triathlons oder an Festivals teilgenommen hat, weiß, was man normalerweise zu erwarten hat 😀 Allzu gemütlich wollte ich es mir aber trotzdem nicht machen und so war ich nach kürzester Zeit wieder in Richtung Roth unterwegs. Meine geliebte Sarah schrie immer noch, ich läge gut in der Zeit und sei viel zu schnell. Das hört man zwar gerne, aber ich musste mich weiterhin aktiv bremsen. In Roth selbst wird die Laufstrecke zur absoluten Partymeile. Unzählige Hotspots, Bühnen und am Marktplatz kann man den Zuschauern quasi das Bier aus der Hand reißen, da diese direkt auf Bierbänken links und rechts sitzen. Auf dem Weg nach Büchenbach wird es dann etwas ruhiger, da für einen kurzen Abschnitt keine Zuschauer erlaubt sind. Umso mehr habe ich mich gefreut, dort dann Stefan und Verena zu sehen, welche sich von dem Rest der Truppe getrennt hatten, um mich insgesamt an möglichst vielen Orten anzufeuern. Wieder hieß es langsamer machen und das Trinken nicht zu vergessen. Derweilen war ich, zurück vom zweiten Wendepunkt am Büchenbacher Dorfweiher, schon wieder auf der erneuten Suche nach einer “Sitzgelegenheit”. Nach dieser zum Glück letzten Zwangspause ging es wieder zurück nach Roth und langsam aber sicher der Halbmarathon-Marke entgegen. Zum ersten Mal wagte ich selbst einen Blick auf die Uhr und sah, dass die von mir im Vorfeld angepeilten 10 Stunden 30 Minuten möglich waren. Ich sah das mehr als Grund zur Freude als zur Motivation jetzt zu sehr zu “wollen”. Zumal sollte es ja wie gesagt an dem heutigen Tag mehr um das Lächeln im Ziel als um die Ankunftszeit gehen 😉 Auf dem erneuten Weg zur Lände hat sich diesmal mein treuer Fanclub in kleine Guerilla-Gruppen aufgeteilt. Zuerst kam Sarah welche mich mit ihrem liebevollen Plakat empfing. Danach Phil und Nicole, welche ganz wild gewunken und Photos und Videos gemacht haben. Dann Papa, welcher eigentlich direkt neben mir herlief und geschrien und rumgefuchtelt hat. Zum Glück hat das kein Wettkampf-Richter gesehen, dass wäre fast als Coaching durchgegangen 😀
Meine Sorgen bis hierhin bestanden eigentlich nur aus einem Gluckerbauch (man hat es sogar gehört) und wie ich weiterhin abwechselnd Energie (Gels) und nicht zuletzt aufgrund der Wärme weiter reichlich Wasser dort hineinbekomme. Sollte ich weiter Natrium aufnehmen oder macht es das nur schlimmer und ich lande wieder auf dem Pott? Im Nachhinein glaube ich, hatte ich einfach ein super Tag und viel Glück, dass ich damit insgesamt so glimpflich davon gekommen bin. Magen-Darm Geschichten führen oft dazu, dass so mancher sein Rennen im schlechtesten Fall sogar beenden muss. Mir ging es aber eigentlich noch ziemlich gut damit, mir war weder schlecht oder schwindlig, noch hatte ich richtige Schmerzen.
Also das Problem “verorten” und sich an den Dingen freuen, die gut funktionieren (keine Krämpfe, kein Hungerast etc.). Trotzdem war ich in dem Moment genervt als Papa meinte, ich solle weiter daran denken zu trinken und Salz aufzunehmen. Er meinte es gut und mir war das auch alles bewusst, die Frage war nur: “Wie?!” 😀 Das war auch der Moment, als ich das erste mal eine gewisse Erschöpfung gespürt habe, sonst hätte ich auch nicht so reagiert. Es ist am Nachmittag weiter richtig heiß geworden und ich habe mich an jeder Verpflegungsstation mit zwei Schwämmen eingedeckt um mich runterzukühlen. An der Lände angekommen wehte zur Abwechslung eine frische Prise am Kanal. Das tat gut und mir ging es auch wieder besser. Die Kilometer zurück nach Roth (26 – 30) wurden dann aber nochmal zäh. Spürbar erschöpft, aber alles händelbar. Zumal konnte ich mich noch über andere rücksichtslose Teilnehmer aufregen, welche abrupt stehen blieben oder die komplett quer gelaufen sind um zur Verpflegungsstation auf der anderen Seite zu kommen. Bei Kilometer 29 saß Sarah und war ganz überrascht, dass ich schon wieder zurück bin. Immer diese Hektik 🙂 Kiki, Illy, Martin und Christoph hatten sich dann kurz darauf in Roth am Espaner Berg (eine kleine, fiese Betonrampe) postiert, um mir noch einmal die Sporen zu geben und um mich zu motivieren. Kiki schrie, ich solle mich daran erinnern wie ich mal angefangen habe: So mit Mountainbike und ohne Neo. BÄM, weiter gehts! Jetzt waren es noch knapp 12 km. Quasi die Hausrunde, mehr nicht. Es wäre gelogen wenn ich sagen würde das sich die zweite Runde nicht zäher gestaltete als die erste. Im Schnitt war ich 5 Sekunden langsamer pro Kilometer unterwegs. Man spürte nun auch das leichte Profil (deshalb erwähnte ich nun auch die Rampe :D) in Richtung Lände und Büchenbach und das Kopfsteinpflaster auf und um den Rother Marktplatz. Keine Frage die Schritte wurden länger und die Beine taten langsam aber sicher weh.
Aber ich wusste in dem Moment auch das ich es schaffen würde, es war alles noch kontrolliert und ich habe mich verhältnismäßig gut gefühlt. Ich musste es quasi nur noch “nach Hause bringen”. Auf diesen letzten Kilometern war ich ganz schön im Tunnel und habe das Umfeld nicht mehr richtig wahrgenommen. Dieser Zustand ist schwierig zu beschreiben. Er ist natürlich zum einen das Resultat der fortschreitenden Wettkampfbelastung, zum anderen horcht man immer wieder in sich hinein und probiert die Konzentration aufrechtzuerhalten. Man ist sehr bei sich selbst, wenn man läuft, ist es als ob der Rest steht und an einem vorbeizieht. Ich habe mir im Vorfeld viel Gedanken gemacht gerade über die letzten Kilometer und was mich da als Ersttäter erwartet (erwarten kann). Magenprobleme, Schmerzen, Krämpfe, tiefe Erschöpfungen, der Mann mit dem Hammer bis man am Ende dann sogar gehen muss. Ich hatte viel gelesen, gelauscht und mich auch mental gut vorbereitet. In den Tagen vor dem Rennen habe ich mir eine kleine Werkzeugkiste zusammengebaut, mit vielen schönen Erinnerungen aus der Vorbereitung, die ich abrufen kann, Ankertechniken aber auch anderen nützlichen Tipps, falls es hart auf hart kommt. Am Ende war ich überrascht wie relativ problemlos ich den Marathon abgespult habe. Das wurde mir auch immer mehr im Rennen bewusst als ich aus Roth raus Richtung Büchenbach, an dem Hügel dachte, ich wäre beim olympischen Gehen. Das klingt gemein, ist es vielleicht auch, aber ich in dem Moment war ich zugegebenermaßen stolz im Vorfeld und im Rennen die richtigen Weichen gestellt zu haben. Ich werde nie vergessen wie ich auf Stefan und Verena zulaufe und mit Freude rufe: “Ich laufe noch, ich laufe noch!” 🙂 Ein letztes Mal wurde Büchenbach gewendet und dann waren es nur noch fünf Kilometer. Die letzten 5 Kilometer von 226!!! Ein Traum wird wahr, jetzt hieß es “Fire-and-forget”.
Ich wollte mir nochmal richtig die Kante gegeben und habe auf die Tube gedrückt. In Roth wartete dann Papa auf mich und schwenkte ein selbst bedrucktes Handtuch. Er war unheimlich glücklich und stolz, das habe ich ihm sofort angesehen. Diesen Punkt im Rennen zu erreichen, war mir unheimlich wichtig, dorthin habe ich mich wie an einem Tau vorgearbeitet. Ich wusste, dass nun auch bald der Rest der Bande auftauchen würde und habe immer wieder nach links und rechts geschaut. Ein Kilometer vor dem Ziel haben sie mich dann mit Konfettikanonen in Empfang genommen. Ich habe das in dem Moment gar nicht gleich realisiert, sondern habe erstmal nur den Knall gehört und vor Freude die Arme in die Höhe gerissen (ziemlich paradox so im Nachhinein). Einfach unfassbar, ich wäre am liebsten stehengeblieben und hätte ihnen die Füße geküsst 😀
100 oder 200 Meter später kam der letzte Hotspot bevor man Richtung Zielstadion abbiegt. Es kam “It’s my life” von Bon Jovi aus vollem Rohr. Hätte man es besser treffen können?! Hammer! Ich habe mitgegrölt und Party gemacht, einfach unvergesslich dieser Moment. Weitere 100 Meter später hatte sich Mama und meine geliebte Sarah postiert. Ich habe nur noch ihre glücklichen Gesichter vor Augen. Was sie mir oder ich ihnen gesagt habe, weiß ich nicht mehr genau. Es ging alles so schnell und ich war einfach nur zutiefst glücklich. Als mich Sarah ins Ziel verabschiedete, hatte ich dieses bereits erreicht. Was sollte das noch toppen? Die letzten beiden Kilometer in Roth waren mein Zieleinlauf und am Ende stand der Mensch, den ich am meisten liebe! Auf den letzten Metern zum Stadion und auf der Ehrenrunde im Stadion selbst habe ich nichts mehr wirklich realisiert und kann auch nicht beschreiben, was ich gedacht oder gefühlt habe, ich bin einfach nur gerannt. Gerannt bis ich nach insgesamt 10 Stunden 32 Minuten und 42 Sekunden den Zielstrich erreicht und einem vollbärtigem Hüne lachend in die Arme gefallen bin. Wir mussten beiden Lachen, einfach nur Lachen. Mir war die Zeit an dem Tag wirklich egal, aber das ich beim ersten Mal fast auf die Minute genau dort lande wo ich hinwollte?! Einfach phänomenal!
Im Ziel(-zelt) habe ich dann fast eine halbe Stunde gesessen und musste erstmal mit mir und meinem Kreislauf klarkommen. Nebenbei habe ich probiert mit meinem Erdinger Alkoholfrei ein kleine Wurstsemmel runter zubekommen. Keine Chance, viel zu trocken. Als ich wieder aufstehen konnte ohne das mir schwummrig wurde – so eine gefühlte Endbeschleunigung auf den letzten Kilometern bringt auch Nachteile mit sich – bin ich zu den Duschen geschlurft. Danach konnte ich auch wieder was essen und habe mich noch leicht massieren lassen. Nach einer Stunde habe ich das Zelt verlassen und bin draußen direkt Sarah in die Arme gelaufen: “YOU DID IT!!!!”
Nachdem wir uns ein paar Minuten zu zweit gegönnt haben, sind wir zu den anderen. Wegen aufkommenden Regens haben sie sich unter einem nahem Pavillon versteckt. Es war einfach unfassbar schön sie alle in den Arm zu nehmen und mich aus tiefsten Herzen bedanken zu können. Nicht nur, dass sie den Weg auf sich genommen, soviel vorbereitet und an Überraschungen gebastelt haben, sie haben auch vor Ort einen Knochenjob gemacht. Mich immer wieder auf dem Tracker zu verfolgen und abzupassen. Von der Schwimmstrecke, zur Radstrecke und wieder zurück nach Roth an die Laufstrecke. Sie hatten an dem Tag auch fast einen Marathon zurückgelegt. Und das bei der Hitze und ebenfalls ungesundem Essen 😀 Ein absoluter Wahnsinn wenn ich mir auch die Kommunikation in meiner “Fanblock”-Whats-App-Gruppe während des Wettkampfs so durchlese. IHR habt den Tag erst so unvergesslich und unwiederholbar einzigartig gemacht.
Mit dem Rennen selbst bin ich natürlich absolut zufrieden. Es war definitiv die richtige Entscheidung, es “entspannt” angehen zu lassen und zu schauen, was die Beine an dem Tag so bringen. Dass dann am Ende auch noch wirklich die erträumte Zeit rausspringt, erfüllt mich mit noch mehr Freude und Stolz. Ich habe stark gefinished und konnte am Ende sogar noch was draufpacken. Das hätte ich im Vorfeld so nicht erwartet. Das heißt natürlich nicht, dass es ein Klacks war – der Respekt vor der Distanz bleibt bestehen. Keine Langdistanz ist wie die andere und ich bin sehr froh gute Beine und eine gewisse Portion Glück an dem Tag gehabt zu haben. Ich habe bereits im Vorfeld einige Punkte notiert, welche ich beim nächsten Mal in der Vorbereitung optimieren will. Nach dem Rennen sind ein, zwei hinzugekommen. Mehr trinken im Rennen und weniger Experimente im Vorfeld. Und auf unnötige, aktive Regeneration im Form von Sitzpausen in stinkenden Plastikgehäusen würde ich dann auch gerne verzichten 😀
Roth 2017: Ich wollte Spaß haben, ein angenehmes Tempo halten und stark finishen. Ziel erreicht! Ich denke diese Zeilen zeigen auch, wie sehr ich das Ganze mit und aus dem Herzen mache. Wie wichtig mir Emotionen dabei sind und mir im Zweifel auch helfen, körperliche Ermüdung zu ertragen oder mich immer wieder zum Training animieren. Das war und wird immer meine größte Stärke bleiben. Auf zu neuen Ufern!
Anfang August ging es zusammen mit Teamkollege Marcus Gawlik an die polnische Ostsee zum IM 70.3 in Gdynia (bei Danzig).
Der Wettkampf stand zunächst unter nicht so guten Sternen. Eine stressige Arbeitswoche, gepaart mit einer nervigen Anreise, ließen keine Stimmung aufkommen. Zwar sind wir Samstag früh in Berlin losgefahren, bedingt dadurch, dass es in Polen per se keine Autobahn (aber viel Verkehr) gibt aber erst nachmittags angekommen. Und schwuppdiwupp, mit Startunterlagen abholen, Bike-Checkin und kurzem Einkauf waren wir erst gegen 20:00 in der Unterkunft.
Am nächsten Morgen stand ich zusammen mit meiner Startgruppe am Wasser. Zwei Gruppen waren schon im Wasser, gleich sollte unser Startschuss folgen. Alle schauten sich nervös um, dehnten sich alibimäßig und der Moderator peitschte die Menge an. Mir war das egal. Nicht nur das ich ihn nicht verstanden habe, nein, ich war einfach nicht on-fire. Keine Anspannung – keine Spur von Nervosität. Naja egal, rein in die Fluten (zugegeben die Ostsee war eher ruhig :)).
Der Blick auf die Uhr nach dem Schwimmen konnte auch keine positive Stimmung erzeugen. Nach 37m:34s erreichte ich den ersten Wechsel und begab mich erstmal aufs stille Örtchen. Getreu dem Motto: Ich habe ja Zeit, es geht ja um nichts. Was ist nur los?!
Auf dem Rad angekommen habe ich Bekanntschaft mit (zum Glück nur anfänglich) schlechten Straßen, feinstem Küstenwind und einigen Höhenmetern gemacht. Es galt auf den 90km insgesamt 764 Höhenmeter zu überwinden. Der landschaftlich recht schöne Rundkurs führte steil von Gdynia auf eine Art Plateau ins Landschaftsschutzgebiet Dreistadt. Als ich in der ersten Stunde nicht mal einen Schnitt von 32km/h auf dem Tacho hatte, war ich schon fast genervt 🙂 Ich realisierte aber schnell, dass dies für die aktuellen Bedingungen doch recht gut war. Immerhin habe ich in gewohnter Manier Platz um Platz gut gemacht. Viel wichtiger war es aber, dass ich wieder “wollte” und auch an den Rampen beißen konnte. Also neues Motto: Keine Gnade für die Wade! 🙂
Nach zirka der Hälfte der Strecke drehte dann auch der Wind – nur fliegen ist schöner. Auch auf der Abfahrt zurück nach Gdynia konnte ich wieder etwas Zeit herausfahren. Nach 2h32m31s erreicht ich schließlich die Wechselzone. Diesmal wurde auch nicht getrödelt und nach einem schnellen Wechsel ging es auf den abschließenden Halbmarathon.
Der Laufkurs musste insgesamt 3x mal bestritten werden und führte von der Wechselzone (am Hafen) in die Stadt. Von dort ging es über die Promenade, direkt am Wasser, zurück Richtung Einstiegspunkt an der Wechselzone. Im Vorfeld hatte ich mir vorgenommen, auf dieser Strecke, unter 1h40m (~4:45min/km) zu laufen. Es gab insgesamt fast 200 Höhenmeter, die man Runde für Runde auf einer nicht steilen, aber langgezogenen Gerade überwinden musste. In der ersten Runde merkte man davon nichts. Das änderte sich dann ab der Nächsten 🙂 Glücklicherweise hat das Publikum einen tollen Job gemacht. Es war eine tolle Stimmung an der ganzen Strecke und es gab eigentlich keine ruhige Ecke.
Ich hatte mir für das Laufen zwar ein Ziel gesteckt (und war dadurch auch wieder motiviert), hatte aber einen anderen Anfängerfehler begangen. Ich hatte schon auf dem Rad mit der Verpflegung haushalten müssen und hatte für den Lauf nur noch ein Gel dabei. Gut passiert – aber dann sollte man zumindest vorher abklären, was an der Strecke gereicht wird. In dem Fall war das nur Wasser und Iso. Ich habe mich gut gefühlt, wusste aber auch, dass ich jetzt nichts mehr riskieren kann. Also neues Motto: Durchhalten, schneller wird es heute nicht mehr!
In der Tat konnte den Pace halten und beendete den Lauf “pünktlich” in 1h:39m. Insgesamt habe ich 4h55min51s für alle Disziplinen benötigt. Und unter den gegebenen Umständen bin ich mit dem Finish auch zufrieden. Gerade wenn ich bedenke, wie ich in den Wettkampf gestartet bin. Es war eine gute Standortbestimmung für den Knappenman dieses Wochenende. Gerade beim Laufen bin ich mir nun sicher, dass ich auf der dort schnellen Strecke und unter voller Ausbelastung (und mit Energie :)) einen 4:30er Schnitt durchlaufen kann. Ich habe bereits letztes Jahr bei dem sogenannten schnellen Triathlon in der Lausitz an der Mitteldistanzteilgenommen und will dort dann morgen eine neue Bestzeit aufstellen (<4h29m). Ich habe gute Erinnerungen an den Wettkampf und bin sehr motiviert. Immerhin gibt es auf bekannter Strecke eine Zeit zu knacken. Beste Voraussetzung also für ein hitziges Triathlon-Fest am Wochenende 🙂
Vergangen Sonntag machte ich mich auf dem Weg, um beim Storkower Triathlon (bei Berlin) über die olympische Distanz (1.5-40-10) an den Start zu gehen. Leider war das verletzungsbedingt erst der zweite Wettkampf überhaupt in dieser Saison. Umso überraschter war ich, als am Ende mit 2h15m eine neue Bestzeit auf dieser Distanz stand 🙂
Das Schöne am Triathlon ist, dass es mit meiner schwächsten Disziplin losgeht. Es kann also nur besser werden. 30 Minuten für 1.5km ist jedoch weit weg von einer Glanzleistung, hier gilt es in den nächsten Wochen noch nachzuarbeiten.
Auf dem Rad angekommen, sieht das Ganze schon anders aus 🙂 Hier habe ich in gewohnter Manier das Feld von hinten aufgeräumt. Auf welliger Strecke konnte ich die knapp 40km in unter einer Stunde hinter mich bringen. Am Ende hat es für die 20. Radzeit gereicht (von 245). Das bisherige Training scheint zu passen 😉
Nach dem Wechsel in die Laufschuhe war ich sehr überrascht wie gut die Beine drauf waren. Ich hatte eigentlich aufgrund des quasi fehlenden Koppeltrainings und der Intensität auf der Kurzdistanz mit muskulären Problemen gerechnet. Aber weit gefehlt: Das Gegenteil war der Fall und ich konnte die abschließenden knapp 10km so schnell und problemfrei wie noch nie beenden. Vermutlich hat auch hier die gute Radform mit herein gespielt. Am Ende stand eine 42m:36s für den Lauf-Split auf der Uhr. Es war intensiv und hat Spaß gemacht, es hat einfach alles gepasst 🙂
Das nächste Ziel ist das 24h Rennen bei Rad am Ring (im 4er Team) und in 4 Wochen der Ironman 70.3 in Gdynia (Halbdistanz), welchen ich zusammen mit Teamkollege Marcus Gawlik bestreiten werde.
Bis dahin, #rideon
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